St. Nicolaiheim e.V. - Gewaltschutz
8 9 Durch umfassende Präventionsmaßnah- men, eine größtmögliche Handlungssicher- heit der Mitarbeitenden und durch ein in- teressiertes Lernen aus kritischen Episoden besteht die Möglichkeit für eine laufende Entwicklung und ein gesteigertes Wohl- befinden der jeweiligen leistungsberech- tigten Person und der Mitarbeitenden. Basierend auf der Annahme, dass die we- nigsten Menschen sich positiv entwickeln können, wenn sie vermehrt in Gewaltvor- kommnisse involviert sind, werden nach- folgend pädagogische Ansätze aufgelistet, die für die deeskalierende, gewaltprä- ventive und stabilisierende Arbeit im St. Nicolaiheim e.V. relevant sind. Mit Hinblick auf die Stabilisierung von gewaltbetroffenen und auch gewaltaus- übenden Personen sind die Grundhal- tungen aus dem traumapädagogischen Ansatz maßgeblich. Basierend auf der Annahme, dass herausforderndes Verhal- ten als Versuch einer Strategie zur Bewäl- tigung von herausfordernden Situationen gesehen werden kann, ist vorrangiges pä- dagogisches Ziel, die leistungsberechtigte Person in dem (Wieder-)Erlangen innerer und äußerer Sicherheit zu unterstützen. Durch die Schaffung von »Sicheren Orten«, in denen die leistungsberechtigte Person im geschützten Kontext Alternativerfahrun- gen und neue, konstruktive Bewältigungs- strategien erarbeiten können, wird Au- tonomie und Handlungskontrolle (wieder) ermöglicht (Empowerment). Das Angebot stabiler Bindungen und das Ermöglichen positiver Selbstwirksamkeitserfahrungen wird als Basis für die Entwicklung alterna- tiver, gewaltärmerer Handlungsstrategien angesehen. In der Praxis bewährt hat sich darüber hinaus die Arbeit mit dem Diagnostik- manual SEED (Skala der emotionalen Entwicklung-Diagnostik; Zepperitz et al. 2018). Ein Ansatz, der das emotionale Entwicklungsniveau als Grundlage für Prä- vention und Deeskalation bei auffälligem Verhalten und Gewalt in Einrichtungen sieht. Basierend auf der Annahme, dass Ver- haltensauffälligkeiten häufig durch emo- tionale Bedürfnisse auf dem individuellen emotionalen Entwicklungsstand erklärbar sind, kann ein Wissen hierüber veränderte Sichtweisen liefern und neue Perspektiven im Umgang mit dem als herausfordernd erlebten Verhalten eröffnen. Mit der SEED ist es möglich, emotionale Bedürfnisse zu erkennen, auch wenn diese nonverbal, also auf Verhaltensebene, gezeigt werden. Mit der SEED wird in einem 5-Phasenmo- del die emotionale Entwicklung mit einem Referenzalter von der Geburt bis zum 12. Lebensjahr dargestellt. In jeder der fünf Phasen stehen emotionale Bedürf- nisse, die zu entwicklungstypischen Ver- haltensweisen führen, im Vordergrund. > Nähere Informationen zum Thema Trau- mapädagogik und SEED siehe Anlageheft. Pädagogische Grundhaltung 4. Ökologisches Erklärungsmodell der Entstehung von Gewalt Profesionelle pädagogische Beziehung > Machtgefälle > Dominanz und Kontrollverhalten > Konflikte, Konfliktbewältigungs- strategie Individuum > Erfahrungen als Opfer / Zeug:innen von Gewalt in der Kindheit > antisoziales Verhalten und Delinquenz > Alkohol- / Drogenkonsum > Stress, Stressbewältigungs- strategie Gemeinschaft > soziale Isolation > fehlende soziale Unterstützung der Betroffenen > Gewalt bejahende und tolerierte Haltung des sozialen Umfelds Abb.: Eigene Darstellung, nach Eggee et al. 2008, gestützt auf WHO 2022 Gesellschaft > starre Rollenbilder, Stereotype > fehlende Gleichstellung > Toleranz gegenüber und Banalisierung der Gewalt > Akzeptanz von Gewalt als Mittel der Konfliktlösung Individuum Prof. Beziehung Gemeinschaft Gesellschaft
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